1. Zusammenfassung zum integrierten Bachelor
Am 06.11.2024 wurde in Baden-Württemberg durch eine Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) die Einführung eines integrierten Bachelors an juristischen Fakultäten im Land ermöglicht. Im Rahmen eines Modellversuchs können Universitäten einen rechtswissenschaftlichen Bachelorstudiengang anbieten, der eng mit dem Staatsexamensstudiengang verbunden ist. Einschreiben können sich hierfür ausschließlich Studierende des Staatsexamensstudiengangs (Doppelimmatrikulation).
Der Lehr- und Prüfungsumfang soll in der Prüfungsordnung so abgestimmt werden, dass beide Studiengänge inhaltlich deckungsgleich sind. Fünf Jahre nach Einführung des Modells ist eine Evaluation vorgesehen.
Gemäß § 32 I 1 Hs 2 LHG müssen in Bachelorstudiengängen Modulprüfungen stattfinden. Damit die Prüfungsleistungen aus dem Staatsexamensstudiengang im rechtswissenschaftlichen Bachelorstudiengang anerkannt werden können, muss auch der Staatsexamensstudiengang modularisiert werden. Eine Modularisierung umfasst in der Regel studienbegleitende Modulprüfungen sowie Abschlussklausuren und die Vergabe von ECTS-Punkten. Um den integrierten Bachelor anzubieten, müsste das bisher in Heidelberg bestehende Scheinsystem daher in ein Modulsystem umgewandelt werden.
Zusätzlich erfordert § 30 IV 3 LHG die Akkreditierung aller Bachelorstudiengänge. Deshalb müssen die Hochschulen für die Einführung des integrierten Bachelorstudiengangs ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen.
2. Rechtsgrundlage
Eingeführt wird der integrierte Bachelor durch Art. 1 Nr. 39 lit. b 5. HRÄG, nachzulesen in der LT BW Drucks. 17 / 7793 S. 10. Im Wortlaut:
„[…] (7) Im Rahmen eines Modellversuchs können die Universitäten den Staatsexamensstudiengang Rechtswissenschaften mit einem rechtswissenschaftlichen Bachelorstudiengang gemäß § 29 Absatz 2 verbinden und bestimmen, dass nur Studierende des Staatsexamensstudiengangs in den Bachelorstudiengang eingeschrieben werden können (Doppelimmatrikulation). Voraussetzung ist, dass der Lehr- und Prüfungsumfang des Bachelorstudiengangs nach seiner Studien- und Prüfungsordnung auf den Staatsexamensstudiengang abgestimmt ist und sich somit nicht auf die Kapazität auswirkt. Der Studiengangverbund ist spätestens nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren zu evaluieren.“
3. Stellungnahme des Fachschaftsrats vom 13.11.2024 zum integrierten Bachelor in Baden-Württemberg
Der Fachschaftsrat Jura Heidelberg begrüßt, dass die Regierungsfraktionen sich mit dem Thema einer Absicherung für Staatsexamensstudierende beschäftigen.[1] Allerdings halten wir den kürzlich vom Landtag beschlossenen integrierten Bachelor in seiner derzeitigen Form für eine nicht ausgereifte Lösung. Diese Umsetzung orientiert sich weitgehend am Modell des Studiengangs Rechtswissenschaft an der Universität Konstanz. Für die anderen rechtswissenschaftlichen Fakultäten im Land, die bislang keinen Bachelor haben, bedeutet diese Änderung einen erheblichen Aufwand.
Dieses Modell setzt eine umfassende Modularisierung des Studiengangs voraus, die wir als nicht zwingend notwendig erachten. Die Modularisierung und Akkreditierung eines zusätzlichen Studiengangs wird aller Wahrscheinlichkeit nach einen gewissen Verwaltungsaufwand erfordern. Zudem ist es aufgrund der Immatrikulation schwerer möglich, diesen Bachelor rückwirkend zu verleihen, sodass Studierende, die das erste Staatsexamen die vergangenen bzw nächsten Jahre endgültig nicht bestehen, diese Absicherung nicht haben.
Ein integrierter Bachelor nach dem Vorbild von NRW – bei dem die Verleihung auf Antrag erfolgt, sobald die Zulassungsvoraussetzungen zur Staatsprüfung erfüllt und die Studienarbeit der Universitätsprüfung als Bachelorarbeit anerkannt ist – wäre für alle Universitäten, unabhängig vom jeweiligen Studienmodell (Scheinmodell oder Module), einfacher umzusetzen. Zudem wäre dieses Modell sicher rückwirkend anwendbar.
Wir befürworten ein solches Modell weiterhin.
Dabei muss jedoch sichergestellt werden, dass dieser Bachelor als vollwertig anerkannt wird und man diesen auch zum Beispiel für einen Masterstudiengang nutzen kann. Hier hat das von der Landesregierung gewählte Modell im Moment Vorteile, da eine Modularisierung und Akkreditierung wie bei jedem anderen Bachelor vorgesehen sind, was für die Vergleichbarkeit wichtig sein kann.
Leider hat man die Studierenden, vertreten durch die Landesfachschaft und die lokalen Fachschaften, in diesem Gesetzgebungsprozess überhaupt nicht eingebunden. Die Änderung kam viel mehr völlig überraschend und erst nach der Ausschussberatung durch Änderungsantrag vor der Schlussabstimmung in den Gesetzentwurf hinein. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Betroffenen war somit unmöglich. Diese Entwicklung ist besonders enttäuschend, da wir dieses Anliegen bereits seit längerer Zeit verfolgen und immer wieder kommunizierten. Hierbei haben wir sowohl den Wunsch als auch die Notwendigkeit eines solchen Bachelors (nach dem Vorbild NRW) klar betont, jedoch wurden wir vor der Entscheidungsfindung nicht einmal angehört. Wir werden uns daher dafür einsetzen, dass die Landesregierung und die Regierungsfraktionen das nun gewählte Modell unter Einbeziehung der Studierenden und der Fakultäten überdenken und durch eine weniger bürokratische Lösung, die größeren Nutzen für die Studierenden hat, ersetzen. Die fünfjährige Evaluationsphase ist für diesen Prozess zu lang.
Wir werden des Weiteren die Folgen dieses Gesetzes ausführlich prüfen und mit der Fakultät über die weiteren Schritte sprechen. Grundsätzlich ist dieser Bachelor besser als keine Absicherung.
Die Fachschaft Jura Heidelberg bekennt sich jedoch ausdrücklich zum aktuellen Studienaufbau im Scheinsystem und wird sich für die Einführung dieses integrierten Bachelors nur unter Beibehaltung dieses Systems einsetzen. Somit verfolgen wir weiterhin unser Ziel der Verleihung eines Bachelors zur Anerkennung der erbrachten Leistungen mit Erreichen der Zulassungsvoraussetzungen für das Staatsexamen.
Wir befürchten jedoch eine weitere Aufschiebung bei der Einführung des integrierten Bachelors in Heidelberg, da wir es als unwahrscheinlich erachten, dass unsere Fakultät den Bachelor in dieser ausgestalteten Form zeitnah einführt. Die landesrechtliche Regelung ermöglicht es den Fakultäten lediglich den Bachelor einzuführen, verpflichtet sie hierzu aber nicht. Die Doppelimmatrikulation, Modularisierung und Akkreditierung wurden von unserer Fakultät bislang immer abgelehnt. Diese Verzögerung ist bedauerlich für alle Studierenden, die bereits jetzt oder in naher Zukunft von einem Bachelor hätten profitieren können.
[1] Zu den allgemeinen Vorteilen eines integrierten Bachelors verweisen wir auf den Bericht sowie die Absolventenbefragung der Bundesfachschaft (https://bundesfachschaft.de/integrierter-bachelor/).